Vom Bergkristall zur Kassenbrille: Die Geschichte der Brille

Benötigen wir eine Sehhilfe, gehen wir zum Augenarzt bzw. Optiker. Aber wie haben sich die Menschen eigentlich früher bei Sehschwäche geholfen? Wann gab es die ersten Brillen? Bei unserer Recherche sind wir auf einige interessante, kuriose und lustige Fakten gestoßen.

Die Geschichte der Brille

Die Brille gibt es erst seit rund 700 Jahren. Das ist ziemlich spät: Selbst die Hochkulturen des Altertums (Ägypter, Griechen, Maya, Chinesen) fanden keine Lösung zur Korrektur von Sehschwächen. Fehlsichtige hatten nur eins: Pech gehabt. Lediglich Wohlhabende konnten sich – so wie Cicero – von ihren Sklaven vorlesen lassen. Zum Glück gab es jedoch bald andere Lösungen!

Erste Erkenntnisse und Erwähnungen

Auf bestimmte Art und Weise geschliffene Gläser oder mit Wasser gefüllte Kugeln besitzen eine vergrößernde Wirkung: Das erkannten Gelehrte bereits in den ersten 200 Jahren nach Christus. Zu dieser Zeit beschäftigte sich auch Claudius Ptolomäus (100-178 n.Chr.) mit Lichtbrechung und Archimedes (287-212 v.Chr.) erfand den Brennspiegel. Etwas später machte der Araber Ibn al-Haitam (965-1039) eine revolutionäre Überlegung: Er schlug die Unterstützung der Sehkraft mittels geschliffener optischer Linsen vor.
 

Die erste Brille war eher eine Lupe

Der so genannte „Lesestein“ entstand, nachdem Mönche in Europa eine Übersetzung der Schriften Ibn al-Haitams in die Hände bekamen und nach seiner Beschreibung eine halbkugelförmige, konvexe Linse aus Quartz oder Kristall fertigten. Auf die Schrift gelegt, konnten alterssichtige Mönche so immer noch gut lesen.
 

Apropos Kristall: Woher kommt eigentlich das Wort Brille?

Nun, in der Überschrift haben wir es im Prinzip schon verraten: Das Wort Brille leitet sich von dem Wort Beryll ab. Die ersten Linsen wurden aus diesem Kristall oder Bergkristall geschliffen.
 

Nero: Die erste Sonnenbrille?

Der Römische Kaiser Nero (37 - 68 n.Chr.) verfolgte Gladiatorenkämpfe durch einen grünen Smaragd. Lange ging man davon aus, dass er dadurch Kurzsichtigkeit korrigieren wollte. Mittlerweile ist man aber der Ansicht, dass er seine Augen gegen das helle Sonnenlicht schützen wollte. War der exzentrische Kaiser etwa der erste Sonnenbrillen-Träger?
 

Die erste „richtige“ Brille

Brille auf der Nase statt Kristall in der Hand – dieses Ziel gelang Ende des 13. Jahrhunderts. Die so genannte Nietbrille war geboren. Wenn auch ein großer Fortschritt, war sie nicht wirklich praktisch, sondern bestand aus dickem Glas, Eisen, Bronze oder Holz und musste mit der Hand vor die Augen gehalten werden. Dennoch betrachten wir das 13. Jahrhundert heute als Geburtsstunde der Brille, wie wir sie heute kennen.
 

Johann Gutenberg sorgte für den ersten Brillen-Hype

1445 erfand Johann Gutenberg den Buchdruck mit beweglichen Lettern. In der Folge stieg auch die Nachfrage nach Brillen, um besser lesen zu können. Wir können Gutenberg also nicht nur als Buchdruck-Erfinder würdigen, sondern auch als Auslöser des ersten Lesebrillen-Hypes.
 

Die Geschichte der Brille

Noch weit entfernt vom Fashion-Piece: Die Mützen- und Fadenbrille

Die ersten Kopfbefestigungen waren durchaus originell – wenngleich auch nicht wirklich stylisch. Zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert sah man die Mützenbrille häufiger: Eine mittels Eisenkonstruktion an eine tiefsitzende Mütze befestigte Brille. Klingt unpraktisch und nicht wirklich schön – aber immerhin wusste man sich zu helfen! Ebenfalls originell war die Fadenbrille: Wie der Name schon sagt, befestigte man die Brillen-Gläser mittels eines um den Kopf gebundenen Fadens.
 

Endlich: die erste Bügelbrille

Es hat etwas gedauert: Erst Anfang des 18. Jahrhunderts kam man auf die Idee, eine Brille mit Steg zum Befestigen hinter den Ohren zu konstruieren. Die ersten Modelle waren allerdings noch sehr unangenehm, da sie ziemlich schwer waren und Druckstellen hinterließen. Dennoch: Der Grundstein war gelegt, und die stetige Weiterentwicklung hat uns dorthin gebracht, wo wir heute sind: Zu flexiblen, bequemen Fassungen in allen Formen und Farben.
 

Das Monokel: Beliebtes Accessoire

Das Monokel kennen wir alle. Wer jedoch glaubt, dass es eine Vorform der Bügelbrille war, irrt: Seine Hochzeit hatte es im 18. Jahrhundert und war damals ein richtiger Hype. Das Monokel war ein Statussymbol der „feinen Leute“ und wurde deshalb auch von der bürgerlichen Mittelschicht gerne getragen.
 

Der erste Optiker

Unsere ersten Kollegen eröffneten 1535 in Nürnberg. Naja, fast Kollegen: Es handelte sich um Brillenmacher, die die Fassungen vor Ort fertigten. Der Service war allerdings noch ausbaufähig: So musste man bei Beschädigungen des Glases mehrere Monate auf Ersatz warten.
 

Vom Luxusgut zur Brille für alle

Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein blieb die Brille ein Luxusprodukt, das den oberen Schichten (Adel, Kleriker, höheres Bürgertum) vorbehalten war. Der erste, der dies in Europa änderte, war Reichskanzler Otto von Bismarck: Seine Sozialgesetzgebung sorgte 1884 dafür, dass alle Fehlsichtigen Anspruch auf eine kostenlose Brille haben. Die „Kassenbrille“ war geboren!

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12/04/2018 - 12:14tlatty